Die Gerichtsbarkeit – auch Judikative genannt – steht als rechtsprechende Gewalt in einem demokratischen Rechtsstaat unabhängig neben den beiden anderen Gewalten: der Legislativen, also dem Parlament (Bürgerschaft) als gesetzgebender Gewalt, und der Exekutiven, sprich der Regierung (Senat) als vollziehender Gewalt.
Die Gerichte und ihre Bediensteten sind heutzutage nicht am selben Ort wie die Legislative und Exekutive ansässig, um die ganz besondere Unabhängigkeit auch räumlich zu betonen; dennoch ist die Judikative im Rathaus stellenweise noch sichtbar. Schließlich unterstand die Gerichtsbarkeit bis 1860 noch dem Rath. So stehen am Eingang zum Senatsgehege zwei weiße Marmorfiguren: Die „Gerechtigkeit“ und die „Gnade“.
Die Göttin der Gerechtigkeit, Justitia, ist mit Waage und aufgeschlagenem Gesetzbuch ausgestattet. Beides verweist auf die Treue zum geschriebenen Gesetz und die notwendige ausgleichende Haltung in der öffentlichen Rechtsprechung. Nicht selten ist die Justitia auch mit einem Tuch über den Augen dargestellt – als Symbol für eine neutrale Rechtsprechung ohne Ansehen der Herkunft der Streitparteien. Aber auch zwei sehende Augen sind von Vorteil.
Die Göttin der Gnade, Indulgentia, trägt in ihren Händen einen zerbrochenen Richterstab, ein geschlossenes Gesetzbuch, eine zusammengeraffte Waage und an ihren Füßen befestigte gesprengte Fußketten. Die Gnade kann auch dann noch wirken, wenn Recht und Gesetz keine Möglichkeit mehr sehen. Gnade ist ein Wohlwollen, das dem Menschen entgegengebracht wird, sozusagen ein Geschenk, ohne einen Anspruch darauf zu haben, und ohne jegliche Verpflichtung.
Damit der Grundsatz „Vor dem Gesetz sind alle gleich.“ auch Bestand haben kann, räumt die Verfassung der Gerichtsbarkeit eine sehr starke Stellung ein. Die Richterinnen und Richter aller Gerichtsbarkeiten sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. In die richterliche Unabhängigkeit darf von keiner anderen staatlichen oder nichtstaatlichen Stelle eingegriffen werden. Dieses verfassungsrechtlich garantierte Beeinflussungsverbot gilt auch für die hamburgischen Behörden.
So sind z.B. in Hamburg weder der Erste Bürgermeister noch die Justizsenatorin befugt, auf gerichtliche Verfahren Einfluss zu nehmen, gerichtliche Entscheidungen auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen oder gar gerichtliche Entscheidungen abzuändern oder aufzuheben. Art. 62 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg besagt:
„Die Gerichtsbarkeit wird in allen ihren Zweigen durch unabhängige, nur dem Gesetz unterworfene Gerichte ausgeübt. An der Rechtsprechung sind Männer und Frauen aus dem Volke nach Maßgabe der Gesetze beteiligt.“
Aufbau der Justiz
In Deutschland, also auch in Hamburg, gilt grundsätzlich ein dreizügiger Gerichtsaufbau.
Ein Rechtsstreit kann demnach ggf. durch bis zu drei Instanzen gefĂĽhrt werden.
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Amtsgerichte sind für Zivil- und Strafrecht zuständig und in den verschiedenen Gerichtsbezirken über Hamburg örtlich verteilt. Hier werden Streitigkeiten mit Streitwerten unter 5.000 Euro bspw. über Verträge, über Mängel an der gelieferten Ware, über Zahlungsrückstände, über die Höhe der Miete und – vor speziellen Richterinnen und Richtern – über familienrechtliche Streitigkeiten sowie über einfache Straftaten verhandelt.
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Das Landgericht Hamburg ist für Zivil- und Strafrecht zuständig und auch am Sievekingplatz ansässig. Das Landgericht ist entweder als Berufungsinstanz für die Amtsgerichte zuständig oder bei zivilrechtlichen und strafrechtlichen Angelegenheiten größerer Bedeutung die Eingangsinstanz.
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Das Oberlandesgericht (OLG) ist für beide Rechtsgebiete zuständig und ebenfalls am Sievekingplatz stehend. Es ist entweder Berufungs- oder Revisionsinstanz für die Untergerichte. Darüber steht nur noch der Bunde sgerichtshof (BGH) in Karlsruhe, sowie stets über allem – unter bestimmten Voraussetzungen – das Bundesverfassungsgericht (BverfG), ebenfalls in Karlsruhe.
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Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht: Osterbekstraße 96 in Hamburg-Barmbek. Hier werden Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis entschieden, z.B. über Kündigungen oder Konflikte zwischen Betrieb und Betriebsrat.
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Sozialgericht und Landessozialgericht: DammtorstraĂźe 7 in der Hamburger Innenstadt. Hier geht es um Sozialversicherungsstreitigkeiten, z.B. Arbeitslosengeld, Pflegeleistungen oder Krankenkassenleistungen.
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Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht: Lübeckertordamm 4 in Hamburg-St. Georg. Hier werden öffentlich-rechtliche Streitigkeiten verhandelt, z.B. aus dem Baurecht, Naturschutzrecht oder Polizeirecht.
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Finanzgericht: Ebenfalls im Haus der Gerichte. Hier kann z.B. gegen Steuerbescheide der Finanzämter, der Zollämter oder gegen Kindergeldbescheide geklagt werden.
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Hamburgisches Verfassungsgericht: Zuständig für Fragen zur Auslegung der Hamburgischen Verfassung und des Landesrechts, z.B. bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Staatsorganen.
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Internationaler Seegerichtshof (ISGH): Sitz in Klein-Flottbek. Er entscheidet ĂĽber Streitigkeiten zur Auslegung oder Anwendung des internationalen SeerechtsĂĽbereinkommens.