Konstituierung nach der Wahl

§

© Michael Zapf

Löwenstatue in der Rathausdiele

ArrcBYSA

Konstituierung nach der Wahl

Ausführlicher Lesetext

Das Wahlergebnis
Die Sitzverteilung in der Hamburgischen Bürgerschaft wird über die Landeslisten entschieden. Die Verteilung der Sitze in der Hamburgischen Bürgerschaft auf die Parteien und Wählervereinigungen und damit die Frage, wer die Wahl gewonnen hat, richtet sich nach dem Verhältnis der für die jeweiligen Landeslisten abgegebenen Gesamtstimmen. Diese sind die Summe aller Stimmen, die für eine Liste einer Partei oder Wählervereinigung in ihrer Gesamtheit und für die darauf verzeichneten Kandidierenden insgesamt abgegeben wurden. Gesamtstimmen sind also die Summe der Listen- und der Personenstimmen je Landesliste. Listenstimmen als Teil der Gesamtstimmen sind die Landesstimmen, die für eine Landesliste in ihrer Gesamtheit vergeben wurden. Personenstimmen sind die Landesstimmen, die für einzelne Personen einer Landesliste abgegeben wurden. Diese Gesamtstimmen werden nach der Wahl zuerst ausgezählt. Das Ergebnis zeigt an, wie viel Prozent der Gesamtstimmen auf die jeweilige Partei oder Wählervereinigung entfallen.

Eine Änderung des Wahlrechts ist nur mit einer Mehrheit von zwei Dritteln möglich
Das Parlament kann das Wahlrecht nur mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen ändern. Damit soll gewährleistet werden, dass Wahlrechtsänderungen in einem weitgehenden Konsens der Fraktionen beschlossen werden.

Wahlrechtliche Gesetze sind den Regelungen des Artikels 50 Abs. 4 der Hamburgischen Verfassung (HV) unterworfen. D.h. 2,5 Prozent der Wahlberechtigten in Hamburg können verlangen, dass auch von der Bürgerschaft beschlossene wahlrechtliche Gesetze durch einen Volksentscheid bestätigt werden müssen. Strebt eine Volksinitiative eine Änderung des Wahlrechts an, muss diese auch eine Zweidrittelmehrheit beim Volksentscheid erreichen.

Nach der Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft
Die Landeswahlleitung verständigt die gewählten Personen über ihre Wahl in die Bürgerschaft.

„Eine gewählte Person erwirbt die Mitgliedschaft in der Bürgerschaft mit der Eröffnung der ersten Sitzung der Bürgerschaft nach der Wahl“ (§ 34 Abs. 1 Satz 2 BüWG).

Beschäftigte der Freien und Hansestadt Hamburg müssen unverzüglich ihrem Arbeitgeber anzeigen, dass sie gewählt worden sind (§ 34 Abs. 3 Satz 1 BüWG). Er stellt dann fest, ob das Dienstverhältnis der betreffenden Person ruht, weil dieser Aufgaben übertragen sind, deren Wahrnehmung inkompatibel mit dem Mandat sind.

„Ist die gewählte Person Mitglied eines Vorstandes oder einer Geschäftsführung“ (z.B. einer Anstalt öffentlichen Rechts oder landesunmittelbaren Körperschaft), „gilt die Wahl als abgelehnt, wenn sie nicht bis zur ersten Sitzung der Bürgerschaft gegenüber der Landeswahlleitung nachweist, dass sie ohne Bezüge beurlaubt oder das Arbeitsverhältnis beendet ist“ (§ 34 Abs. 4 BüWG).

Eine Ablehnung muss vor der ersten Sitzung der neu gewählten Bürgerschaft gegenüber der Landeswahlleitung schriftlich erklärt werden. Lehnt eine auf einer Wahlkreisliste oder Landesliste „gewählte Person die Wahl ab (...) oder endet ihre Mitgliedschaft während der Wahlperiode“ (§ 38 Abs. 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1 BüWG), so wird der/die ausgeschiedene Wahlkreisbewerber/in über die Wahlkreisliste bzw. die Landesliste ersetzt. Anders sieht es bei den Einzelbewerberinnen und -bewerbern aus:

„Lehnt eine als Einzelbewerbung gewählte Person die Wahl ab (...) oder endet ihre Mitgliedschaft in der Bürgerschaft während der Wahlperiode, so bleibt der Sitzmbis zum Ablauf der Wahlperiode unbesetzt“ (§ 38 Abs. 3 BüWG).

Oberstes Gebot für Abgeordnete: Keine Interessenskollision!
Art. 7 Abs. 2 Nr. 1-3 HV besagt: „Abgeordnete können (...) durch Beschluss der Bürgerschaft ausgeschlossen werden, wenn sie
1. ihr Amt missbrauchen, um sich oder anderen persönliche Vorteile zu verschaffen, oder
2. ihre Pflichten als Abgeordnete aus eigennützigen Gründen gröblich vernachlässigen, oder
3. der Pflicht zur Verschwiegenheit gröblich zuwiderhandeln.“

Dann ist ihre Mitgliedschaft im Parlament vorzeitig beendet.

Die Bürgerschaft kann die Wahlperiode vorzeitig beenden
Ist eine Gesetzgebungskrise eingetreten und muss die Funktionsfähigkeit des parlamentarischen Systems wiederhergestellt werden, kann die Bürgerschaft die Wahlperiode vorzeitig beenden. Der Antrag auf vorzeitige Beendigung der Wahlperiode muss mindestens von einem Viertel der Abgeordneten gestellt werden. Nur mit der Mehrheit der Bürgerschaftsmitglieder kann die vorzeitige Beendigung der Wahlperiode beschlossen werden (Art. 11 Abs. 1 HV). Eine Neuwahl der Bürgerschaft muss innerhalb von zehn Wochen erfolgen (Art. 11 Abs. 2 Satz 1 HV).

Abgeordnete
...sind „(...) Vertreterinnen und Vertreter des ganzen Volkes“ (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 HV). Mit ihrer Wahl übernehmen sie die Verpflichtung, den politischen Interessen des Volkes gerecht zu werden.

Freies Mandat
Obwohl die Abgeordneten vom Volk gewählt, d.h. mit der Vollmacht ausgestattet wurden, die Interessen des Volkes in der Politik zu vertreten und wahrzunehmen, sind die Abgeordneten: „nur ihrem Gewissen unterworfen und an Aufträge nicht gebunden“ (Art. 7 Abs. 1 Satz 2 HV).

Fraktionsdisziplin
Trotz aller Freiheit gilt die sogenannte Fraktionsdisziplin. Der Fraktionsvorstand möchte z.B. rechtzeitig in Kenntnis gesetzt werden, wenn sich eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter nicht den Beschlüssen der Fraktion anschließen will.

Fraktionen
Jede in der Bürgerschaft vertretene Partei hat ihre Fraktion. Sie ist der Zusammenschluss aller Bürgerschaftsmitglieder, die derselben Partei angehören. Es können sich aber auch Parteilose einer Fraktion anschließen, mit deren politischen Zielen sie einverstanden sind. Die Fraktion wählt aus ihrer Mitte ihren Vorstand: die Fraktionsspitze. Das Hauptziel jeder Fraktion ist, dass möglichst viele politische Ziele der eigenen Partei durchgesetzt werden. Um dies zu erreichen, muss eine Bürgerschaftsfraktion effektive Politik machen. Dies gelingt nach vorherrschender Meinung nur dann, wenn die Fraktionsmitglieder untereinander nicht zerstritten sind und nach außen hin geschlossen auftreten. Deshalb erwartet die Fraktionsspitze von ihren Abgeordneten eine möglichst einheitliche Unterstützung der politischen Arbeit und politischen Ziele. Zwar haben alle Abgeordneten die Möglichkeit, fraktionsintern an Formulierungen der politischen Ziele mitzuwirken und um Mehrheiten zu ringen, doch wird von ihnen erwartet, eine nach Beratung getroffene Fraktionsentscheidung geschlossen zu vertreten – insbesondere während der Bürgerschaftssitzung und in den Ausschüssen der Bürgerschaft.

Dennoch gilt grundsätzlich das „freie Mandat“ auch gegenüber der eigenen Fraktion. Niemand ist an die Übereinkünfte und Beschlüsse der eigenen Partei oder Fraktion gebunden. Daher stimmen Abgeordnete nur in für sie besonders wichtigen Ausnahmefällen nicht mit ihrer Fraktion. Darüber hinaus haben sie zu ihrer Fraktion enge Verbindungen und wissen auch, dass Parteigremien entscheiden, wer in Zukunft erneut zur Wahl in die Bürgerschaft vorgeschlagen wird oder nicht. Weichen Abgeordnete von den Mehrheitsvorstellungen ihrer Fraktion ab, kann diese sie ausschließen, sie verlieren jedoch nicht ihr Mandat, sondern erhalten dann den Status „fraktionslos in der Bürgerschaft“. Auch die gewählten Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft schließen sich in der Regel zu Fraktionen zusammen. Die Zusammensetzung der aktuellen Bürgerschaft und der Fraktionen findet sich unter https://www.hamburgische-buergerschaft.de/ueber-uns/interaktiver-sitzplan bzw. https://www.hamburgische-buergerschaft.de/ueber-uns/fraktionen

Indemnität – Freiheit der Rede
Reden spielen in der Bürgerschaft eine herausragende Rolle. Sie verdeutlichen politische Standpunkte, eröffnen Dispute und verraten einiges über die Persönlichkeit der Rednerinnen und Redner.

Die Abgeordneten müssen daher sicher sein, dass sie für Reden, die sie in der Bürgerschaft gehalten haben, nicht gerichtlich oder dienstlich belangt werden. Art. 14 Abs. 1 HV sagt daher:
„Abgeordnete dürfen zu keiner Zeit wegen Abstimmungen oder Äußerungen, die sie in der Bürgerschaft oder einem ihrer Ausschüsse getan haben, gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden.“ Aber alles hat seine Grenzen: Verleumderische Reden dürfen auch Abgeordnete nicht halten. Verleumderische Beleidigungen können mit Genehmigung der Bürgerschaft verfolgt werden (Art. 14 Abs. 2 HV).

Wenn Abgeordnete sich in den Sitzungen der Bürgerschaft nicht an die geltenden Sprach- und Verhaltensregeln halten und durch Störungen, Zwischenrufe oder gar Beleidigungen auffallen, kann laut Geschäftsordnung ein Ordnungsruf ausgesprochen werden. Wenn ein Mitglied der Bürgerschaft in derselben Bürgerschaftssitzung dreimal zur Ordnung gerufen wurde und beim zweiten Mal auf die Folgen eines dritten Rufes zur Sache oder zur Ordnung hingewiesen wurde, entzieht die Sitzungspräsidentin oder der Sitzungspräsident ihr oder ihm das Wort; es darf ihr oder ihm zu diesem Beratungsgegenstand nicht wieder erteilt werden (§ 47 BürgGO).

Immunität – Freiheit vor Strafverfolgung
Art. 15 HV besagt:
„Abgeordnete dürfen ohne Einwilligung der Bürgerschaft während der Dauer ihres Mandats nicht verhaftet oder sonstigen ihrer Freiheit und die Ausübung ihres Mandats beschränkenden Maßnahmen unterworfen werden, es sei denn, sie werden bei der Ausübung einer Straftat oder spätestens im Laufe des folgenden Tages festgenommen. Auf Verlangen der Bürgerschaft wird jedes gegen Abgeordnete gerichtete Straf- oder Ermittlungsverfahren sowie jede Haft oder sonstige Beschränkung ihrer persönlichen Freiheit für die Dauer ihres Mandats aufgehoben.“ Der Zweck dieser Regelung ist der Schutz der freien Mandatsausübung und damit die Sicherung der Funktionsfähigkeit der Bürgerschaft.

Zeugnisverweigerungsrecht
Wenn Abgeordnete vertrauliche Informationen für ihre Tätigkeit brauchen, bekommen sie diese leichter, wenn sie nicht gezwungen werden können, ihre Informantinnen oder Informanten preiszugeben. Art. 17 HV sieht daher vor: „Die Abgeordneten sind berechtigt, über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst das Zeugnis zu verweigern. So weit [sic] dieses Zeugnisverweigerungsrecht reicht, ist die Beschlagnahme von Schriftstücken unzulässig.“

Diäten
Für ihre Arbeit im Parlament erhalten Abgeordnete sogenannte Diäten, das bedeutet finanzielle Entschädigung. Bis 1996 galt die Abgeordnetentätigkeit als rein ehrenamtliche Arbeit. Deshalb gab es auch nur eine Aufwandsentschädigung.

Neben der Parlamentsarbeit war und ist es den Abgeordneten noch erlaubt, erwerbstätig zu sein (Art. 13 Abs. 2 HV). Doch die Arbeit der Abgeordneten ist immer umfangreicher geworden, es ist keine reine Freizeittätigkeit mehr. Deshalb erhalten die Abgeordneten seit 1996 auch ein: „angemessenes, ihre Unabhängigkeit sicherndes Entgelt“ (Art. 13 Abs. 1 HV). Hamburg ist neben Bremen das letzte Bundesland mit einem Teilzeitparlament. Auch Berlin hat seit dem 1. Januar 2020 ein Vollzeitparlament. Nach Meinung vieler entspricht ein Teilzeitparlament für Hamburg nicht mehr den inhaltlichen Ansprüchen an die Abgeordneten und die Arbeit ist kaum mehr zeitlich mit einer parallelen Berufstätigkeit zu vereinbaren – wie es ursprünglich mal die Idee war.

Die Höhe des jeweils aktuellen Entgelts und der verschiedenen Pauschalen, die den Abgeordneten zustehen, sind im Hamburgischen Abgeordnetengesetz, §§ 2-4 zu finden.

(Quelle: Hamburgisches Abgeordnetengesetz, §§ 2-4)

Nach der Wahl: die Auszählung

1

Ab 18:00 Uhr geht die Zählerei los: Rund 1,3 Millionen Hamburgerinnen und Hamburger waren bei der letzten Bürgerschaftswahl im Jahr 2025 wahlberechtigt.

Einen Sitz in der Bürgerschaft bekommen Parteien und Wählervereinigungen nur, wenn sie mindestens fünf Prozent der Stimmen für die Landeslisten erhalten haben. „Fünf-Prozent-Hürde" nennt man die Klausel deswegen auch. Für die in den Wahlkreisen gewählten Kandidatinnen und Kandidaten und Einzelpersonen ist die Fünf-Prozent-Hürde nicht relevant.

Die Sitzverteilung in der Hamburgischen Bürgerschaft richtet sich danach, wie viele Stimmen die Parteien oder Wählervereinigungen über ihre Landeslisten erhalten haben. Dabei zählen sowohl die Stimmen für die gesamte Liste (Listenstimmen) als auch die Stimmen für einzelne Personen auf dieser Liste (Personenstimmen). Zusammen ergeben sie die sogenannten Gesamtstimmen. Je mehr Gesamtstimmen eine Partei bekommt, desto mehr Sitze erhält sie in der Bürgerschaft.

Die Auszählung der Wahl erfolgt in mehreren Schritten.

2

Schritt 1: Landeslisten-Stimmzettel

Die Landeslisten-Stimmzettel werden ausgezählt. Die Kreuze, die die einzelnen Kandidatinnen und Kandidaten bekommen haben und die Kreuze der Parteien und Wählervereinigungen werden zusammengezählt. Mit der Summe der Stimmen wird ausgerechnet, wie viele der 121 Sitze die Parteien und Wählervereinigungen jeweils bekommen. Nach diesem Schritt steht also fest, welche Partei oder Wählervereinigung die Wahl gewonnen hat.

3
§

© Digitale Lernwelten GmbH

Arrc
4

Schritt 2: Wahlkreislisten-Stimmzettel

Jetzt müssen die Wahlkreislistenstimmzettel ausgewertet werden. Das geschieht in zwei Teilschritten (siehe 2A und 2B). Am Ende dieser Auszählung ist klar, welche Kandidatinnen und Kandidaten aus den Wahlkreisen Sitze in der Bürgerschaft einnehmen.

Teilschritt 2a
Zunächst werden die Stimmen, die die einzelnen Wahlkreiskandidatinnen und -kandidaten bekommen haben, für jede Wahlkreisliste zusammengezählt. Die Wahlkreissitze werden anschließend nach dem Stimmenverhältnis auf die Wahlkreislisten verteilt.

Wie viele Kandidatinnen und Kandidaten aus den einzelnen Wahlkreisen ins Parlament ziehen, richtet sich nach der Anzahl der Wahlberechtigten, die darin wohnen: In kleineren Wahlkreisen sind es drei Sitze, in mittleren vier, und in großen Wahlkreisen kommen fünf Abgeordnete in die Bürgerschaft. Das wird bei der Auszählung berücksichtigt.

Wer bekommt nun aber wie viele der Sitze?

Ein Beispiel: Aus dem Wahlkreis X können 5 Kandidierende direkt in die Bürgerschaft einziehen. In diesem Wahlkreis wurden insgesamt 25.000 gültige Stimmen abgegeben. Um die Sitze verteilen zu können, wird die Anzahl der insgesamt abgegebenen gültigen Stimmen durch die Anzahl der zu verteilenden Sitze geteilt. Also: 25.000 : 5 = 5000.

Anschließend wird für jede Wahlkreisliste die Anzahl der Stimmen durch 5000 geteilt (bei 0,5 wird aufgerundet). 

Teilschritt 2b
Nachdem feststeht, wie viele Sitze die Parteien und Wählervereinigungen in den Wahlkreisen bekommen haben, ist schnell klar, wer in der Bürgerschaft sitzt: Der oder die Kandidierende mit den meisten Stimmen auf einer Wahlkreisliste zieht direkt ins Parlament ein – siehe Beispiel oben: Partei A und Wählervereinigung B. Sind mehrere Sitze in einem Wahlkreis zu vergeben, folgen die Nächstplatzierten. Die Reihenfolge, in der die Kandidatinnen und Kandidaten auf der Liste stehen, spielt nur eine Rolle, wenn zwei Personen gleich viele Stimmen bekommen haben.

Zusätzlich ziehen natürlich auch die Einzelkandidierenden in die Bürgerschaft ein, die einen Wahlkreissitz erhalten haben. Sind 71 der 121 Bürgerschaftssitze durch die Wahlkreiskandidatinnen und Wahlkreiskandidaten besetzt, werden die restlichen Bürgerschaftssitze vergeben. Wie das abläuft? Hier ein Beispiel: Partei A hat 30 Sitze gewonnen, davon 18 Sitze über die Wahlkreise. Jetzt kann sie noch 12 Sitze über ihre Landesliste vergeben. Um herauszufinden, wie viele dieser 12 Sitze nach Listenplatz und wie viele nach Personenstimmen zu verteilen sind, wird das Verhältnis der Personen zu den Listenstimmen berechnet.

Das geht so: Partei A hat 450.000 Listenstimmen und 350.000 Personenstimmen auf ihre Landesliste erhalten, insgesamt also 800.000 Stimmen. Die Anzahl der 12 noch zu verteilenden Sitze wird mit der Anzahl der Listenstimmen multipliziert und anschließend durch die Anzahl ihrer Gesamtstimmen geteilt: 12 x 450.000 : 800.000 = 6,75. Diese Zahl wird aufgerundet. Somit sind 7 Sitze über den Listenplatz und die übrigen 5 Sitze über die Personenstimme zu besetzen.

5
§

© Digitale Lernwelten GmbH

Arrc

Auswertung der Wahlkreislisten-Stimmzettel

6

Schritt 3: Welcher Kandidierende bekommt einen Sitz in der Bürgerschaft?

Für die Verteilung der Sitze in der Bürgerschaft ist die Reihenfolge der Kandidatinnen und Kandidaten auf der jeweiligen Liste entscheidend. Sollten also bei diesem Schritt z. B. sieben Sitze verteilt werden, ziehen die ersten sieben Personen, die noch keinen Sitz über einen Wahlkreis erhalten haben, von der Landesliste in die Bürgerschaft.

7

Schritt 4: Verteilung der Sitze, die nicht über den Listenplatz verteilt werden

Bei der Verteilung der restlichen Sitze ist entscheidend, wie viele Wählerinnen- und Wählerstimmen die einzelnen Kandidatinnen und Kandidaten auf der Landesliste bekommen haben. Die Kandidatinnen und Kandidaten, die nicht auf den vorderen Plätzen stehen und viele Stimmen bekommen haben, kriegen jetzt noch die Chance auf einen Sitz. Ihr Platz auf der Landesliste spielt hierbei keine Rolle. Hat zum Beispiel die Kandidatin auf Platz 32 der Landesliste mehr Stimmen bekommen als die übrigen Kandidierenden, zieht sie in die Bürgerschaft ein.

8
§

© Digitale Lernwelten GmbH

Arrc

Sitzverteilung nach Wählerstimmen

Überhangmandate und andere Sonderfälle

9

Es kann passieren, dass am Ende der Auszählung mehr als 121 Bürgerschaftssitze vergeben wurden. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn:

  • parteilose Einzelbewerberinnen oder -bewerber ein Wahlkreismandat gewinnen. Die bekommen dann natürlich auch einen Sitz in der Bürgerschaft,
  • eine Partei oder Wählervereinigung an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert, aber ihre Kandidatinnen und ihre Kandidaten trotzdem einen oder mehrere Wahlkreissitze gewonnen haben. Die oder der Abgeordnete bekommt den Sitz natürlich trotzdem,
  • am Ende der Auszählung eine gerade Anzahl an Bürgerschaftssitzen steht, zum Beispiel 122. Dann wird noch ein Sitz mehr vergeben. Denn: Es muss immer eine ungerade Anzahl an Abgeordneten im Landesparlament sitzen, damit es bei Abstimmungen kein Unentschieden geben kann,
  • Überhang- und Ausgleichsmandate vergeben werden.
    Werden von einer Partei mehr Wahlkreiskandidatinnen und -kandidaten ins Parlament gewählt, als dieser Partei Sitze nach den Stimmen für die Landesliste zustehen, wird das Parlament durch Überhangmandate vergrößert. Damit das den anderen Parteien oder Wählervereinigungen gegenüber nicht ungerecht ist, bekommen diese Parteien oder Wählervereinigungen Ausgleichsmandate.

Wer bestimmt nach der Wahl in der Bürgerschaft die Politik?

10

Hat eine Partei die absolute Mehrheit der Sitze, dann bildet ihre Fraktion in der Bürgerschaft auch die Regierungsfraktion. In diesem Fall besteht der Senat nur aus Mitgliedern dieser Partei – es sei denn, die Erste Bürgermeisterin bzw. der Erste Bürgermeister beruft parteilose Personen als Senatorinnen und Senatoren.

Hat keine Partei die absolute Mehrheit erreicht, dann führen verschiedene Parteien miteinander Gespräche, um zusammen die absolute Mehrheit zu erreichen und eine gemeinsame Regierung (Koalition) zu bilden. Wenn die Gespräche erfolgreich sind, schließen die Parteien eine Vereinbarung darüber ab, wie sie gemeinsam regieren wollen (Koalitionsvertrag). Die Fraktion mit den meisten Stimmen stellt aus ihrem Umfeld die Erste Bürgermeisterin bzw. den Ersten Bürgermeister und die meisten Senatorinnen und Senatoren.

Diejenigen Parteien/Fraktionen, die bei der Bürgerschaftswahl zwar die Fünf-Prozent-Klausel geschafft haben und deshalb in der Bürgerschaft vertreten sind, aber weder die Stimmenmehrheit noch die Möglichkeit erhielten, als Koalitionspartnerinnen mitzuregieren, bilden die Opposition in der Bürgerschaft.

11
12
null
§
13
§

© Digitale Lernwelten GmbH

Arrc

Verteilung der Stimmen bei der Hamburgischen Bürgerschaftswahl.

Aktuelle Mehrheiten in der Hamburgischen Bürgerschaft

14
§ PD

Aktueller Koalitionsvertrag über die Zusammenarbeit in der Hamburgischen Bürgerschaft

Eine Regierung muss, um ihre politischen Vorstellungen umsetzen zu können, durch die sie tragenden Parteien eine Mehrheit der Stimmen in der Bürgerschaft haben. Dabei gehen Parteien oftmals Bündnisse ein. Sie bilden also eine Koalition. 

Opposition sind die Parteien oder Fraktionen, die zwar im Parlament sitzen, aber nicht mitregieren. Ihre Hauptaufgabe: Regierung kontrollieren, kritisieren und eigene politische Alternativen aufzeigen. Oppositionsanträge werden zwar oft gestellt, bekommen aber selten eine Mehrheit.

Über aktuell umgesetzte Vorhaben der Regierung gibt es Informationen in der Hamburger Parlamentsdatenbank

15
null
§

Wahlrecht ändern? Nur mit 2/3-Mehrheit!

16

Das Wahlrecht kann nur geändert werden, wenn zwei Drittel der Abgeordneten im Parlament zustimmen. So soll sichergestellt werden, dass solche Änderungen von möglichst vielen Fraktionen gemeinsam getragen werden. Bürgerinnen und Bürger können mit genügend Unterstützern (2,5 % der Wahlberechtigten) verlangen, dass eine Änderung des Wahlrechts durch einen Volksentscheid bestätigt wird. Auch eine Volksinitiative zur Änderung des Wahlrechts braucht dann eine Zweidrittelmehrheit im Volksentscheid.

Es wurde gewählt. Und nun?

17

Gewählte Personen werden von der Landeswahlleitung über ihre Wahl in die Hamburgische Bürgerschaft informiert und erhalten ihr Mandat mit der ersten Sitzung des Parlaments. Beschäftigte der Stadt Hamburg müssen ihren Arbeitgeber sofort über die Wahl informieren, da bestimmte Positionen unvereinbar mit dem Mandat sein können.

Wer in einem Vorstand oder einer Geschäftsführung arbeitet, muss bis zur ersten Sitzung nachweisen, dass er oder sie beurlaubt ist oder das Arbeitsverhältnis beendet wurde – sonst gilt die Wahl als abgelehnt.

Eine schriftliche Ablehnung der Wahl muss vor der ersten Sitzung erfolgen. Wird eine gewählte Person durch eine Liste ersetzt, rückt jemand von der entsprechenden Liste nach. Bei Einzelbewerbungen bleibt der Sitz unbesetzt, wenn die Person die Wahl ablehnt oder ausscheidet.

18

Gesetzestext

Wenn man gewählt wurde.

Eine gewählte Person erwirbt die Mitgliedschaft in der Bürgerschaft mit der Eröffnung der ersten Sitzung der Bürgerschaft nach der Wahl.

Ist die gewählte Person Mitglied eines Vorstandes oder einer Geschäftsführung, z. B. einer Anstalt öffentlichen Rechts oder landesunmittelbaren Körperschaft, gilt die Wahl als abgelehnt, wenn sie nicht bis zur ersten Sitzung der Bürgerschaft gegenüber der Landeswahlleitung nachweist, dass sie ohne Bezüge beurlaubt oder das Arbeitsverhältnis beendet ist.

Lehnt eine als Einzelbewerbung gewählte Person die Wahl ab (...) oder endet ihre Mitgliedschaft in der Bürgerschaft während der Wahlperiode, so bleibt der Sitz bis zum Ablauf der Wahlperiode unbesetzt.

Gesetz über die Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft § 34, Absatz 1, Satz 2; Absatz 4 und §38, Absatz 3

19

Gesetzestext

Ausschlusskriterien für Abgeordnete

Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg: Oberstes Gebot für Abgeordnete: Keine Interessenskollision

Abgeordnete können (...) durch Beschluss der Bürgerschaft ausgeschlossen werden, wenn sie

  1. ihr Amt missbrauchen, um sich oder anderen persönliche Vorteile zu verschaffen, oder
  2. ihre Pflichten als Abgeordnete aus eigennützigen Gründen gröblich vernachlässigen, oder
  3. der Pflicht zur Verschwiegenheit gröblich zuwiderhandeln.

Dann ist ihre Mitgliedschaft im Parlament vorzeitig beendet.

Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg, Artikel 7, Absatz 2, Nr. 1-3

Die Bürgerschaft und die Wahlperiode

20

Wenn die in der Bürgerschaft vertretenen Parteien und Gruppierungen und die ihnen angehörigen Abgeordneten nicht mehr in der Lage sind, eine Mehrheit zum Beschluss von Gesetzesvorschlägen zu finden, kann die Bürgerschaft die Wahlperiode vorzeitig beenden.

Der Antrag auf vorzeitige Beendigung der Wahlperiode muss mindestens von einem Viertel der Abgeordneten gestellt werden. Nur mit der Mehrheit der Bürgerschaftsmitglieder kann die vorzeitige Beendigung der Wahlperiode beschlossen werden (Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg, Artikel 11, Absatz 1). Eine Neuwahl der Bürgerschaft muss innerhalb von zehn Wochen erfolgen (Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg, Artikel 11, Absatz 2).

Abgeordnete

21

...sind „(...) Vertreterinnen und Vertreter des ganzen Volkes“ (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 HV). Mit ihrer Wahl übernehmen sie die Verpflichtung, den politischen Interessen des Volkes gerecht zu werden.

Freies Mandat: 
Obwohl die Abgeordneten vom Volk gewählt, d.h. mit der Vollmacht ausgestattet wurden, die Interessen des Volkes in der Politik zu vertreten und wahrzunehmen, sind die Abgeordneten: „nur ihrem Gewissen unterworfen und an Aufträge nicht gebunden“ (Art. 7 Abs. 1 Satz 2 HV).

Beratung in Fraktionen: 
In der Fraktion wird beraten, was die beste Entscheidung ist und welche Entscheidungen die Abgeordneten in den Abstimmungen der Bürgerschaft treffen wollen 

Fraktion: 
In der Bürgerschaft schließen sich Abgeordnete einer Partei zu einer Fraktion zusammen – auch Parteilose können mitmachen, wenn sie die Ziele teilen. Fraktionen wählen eine eigene Spitze und verfolgen gemeinsam das Ziel, die politischen Vorstellungen ihrer Partei umzusetzen. Dafür ist ein geschlossenes Auftreten wichtig. Zwar dürfen alle mitdiskutieren, doch nach einer Entscheidung wird erwartet, dass alle diese nach außen vertreten.

Es gilt das freie Mandat: 
Niemand ist gezwungen, so abzustimmen wie die Fraktion. Abweichungen sind aber selten – auch, weil die Parteien mitentscheiden, wer künftig wieder kandidieren darf. Wer zu oft aus der Reihe tanzt, kann ausgeschlossen werden – das Mandat bleibt, aber dann heißt es: „fraktionslos“.

§

Urheber: https://www.wahlen-hamburg.de/B%C3%BCrgerschaftswahl_2025/

Cc4

Zusammenschluss gewählter Abgeordneter in Fraktionen (2025).

22

Definition

Indemnität

Reden sind das zentrale Mittel politischer Auseinandersetzung in der Bürgerschaft – und dank Verfassung geschützt, damit Abgeordnete ihre Meinung frei und ohne Angst vor Konsequenzen äußern können.

23

Gesetzestext

Indemnität

Abgeordnete dürfen zu keiner Zeit wegen Abstimmungen oder Äußerungen, die sie in der Bürgerschaft oder einem ihrer Ausschüsse getan haben, gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden. Aber alles hat seine Grenzen: Verleumderische Reden dürfen auch Abgeordnete nicht halten. Verleumderische Beleidigungen können mit Genehmigung der Bürgerschaft verfolgt werden.

Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg, Artikel 14, Absatz 1

24
§

© Digitale Lernwelten GmbH

Arrc

Indemnität schützt

25

Definition

Immunität

Abgeordnete genießen während ihres Mandats Schutz vor Verhaftung und Strafverfolgung – es sei denn, sie werden bei einer Straftat erwischt – um ihre politische Arbeit frei und ungestört ausüben zu können.

26

Gesetzestext

Immunität

Abgeordnete dürfen ohne Einwilligung der Bürgerschaft während der Dauer ihres Mandats nicht verhaftet oder sonstigen ihrer Freiheit und die Ausübung ihres Mandats beschränkenden Maßnahmen unterworfen werden, es sei denn, sie werden bei der Ausübung einer Straftat oder spätestens im Laufe des folgenden Tages festgenommen. Auf Verlangen der Bürgerschaft wird jedes gegen Abgeordnete gerichtete Straf- oder Ermittlungsverfahren sowie jede Haft oder sonstige Beschränkung ihrer persönlichen Freiheit für die Dauer ihres Mandats aufgehoben.

Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg, Artikel 15, Absatz 1

Abgeordnetenentschädigung (Diät)

27

Die Hamburgische Bürgerschaft ist ein Teilzeitparlament. Das erfordert von den Abgeordneten ein hohes Engagement, denn sie müssen ihre berufliche und die Tätigkeit als Abgeordnete zeitlich und organisatorisch miteinander vereinbaren.

Zur Sicherstellung ihrer Unabhängigkeit und zum Ausgleich ihres Verdienstausfalls erhalten die Abgeordneten für die Ausübung ihres Mandats eine zu versteuernde Entschädigung (Diät) in Höhe von zurzeit 4.582 Euro (Stand 2025).
Das Abgeordnetengesetz regelt neben den Entschädigungen auch weitere Leistungen an die Abgeordneten. Die Bürgerschaft entscheidet über Veränderungen der Höhe der Leistungen.